Das Ziel des Fairen Handels ist einfach erklärt: Über die ganze Handelskette – von der Produktion am Anfang bis zum Kauf und der Verwendung eines Produkts am Schluss – soll „fair“ gehandelt werden. Am Ende sollen also wir KonsumentInnen gute Produkte zu guten Preisen in den Händen halten, die am Anfang der Handelskette unter guten Bedingungen hergestellt wurden.
Was heißt „unter guten Bedingungen hergestellt“?
Dazu gibt die World Fair Trade Organization (WFTO) mit ihren 10 Prinzipien des Fairen Handels eine klare Antwort: Es geht dabei nicht nur um eine faire Bezahlung (Prinzip Nr. 4), sondern auch um sichere und gesunde Arbeitsbedingungen (Prinzip Nr. 7), Nichtdiskriminierung und Gleichstellung (Prinzip Nr. 6), eine umweltschonende Produktion (Prinzip Nr. 10) und einiges mehr. Zusammengefasst geht es also immer um eine finanzielle und soziale Stärkung der ProduzentInnen und um einen schonenden Umgang mit der Umwelt.
Das ganze Fair -Trade -Thema nur auf den finanziellen Aspekt zu reduzieren, ist meiner Meinung nach falsch. In einem Projekt in Kalkutta, das ich vor einigen Jahren besuchte und in dem alleinerzeihende Müter aus den untersten Kasten Arbeit fanden, war es das Wichtigste, einen Kindergarten zu gründen: damit die Kleinen nicht den ganzen Tag unbeaufsichtigt im Slum bleiben. In einem anderen Projekt ging es darum, eine aufwendige (und teure) Wasseraufbereitungsanlage zu installieren, weil weit und breit kein sauberes Trinkwasser zur Verfügung stand und die Arbeiterinnen dauernd krank waren.
Jetzt aber der Reihe nach, beginnen wir an unserem Ende der Handelskette, bei den KonsumentInnen.
Die KonsumentInnen
Sie sollen Produkte mit einem sehr guten Preis-Leistungsverhältnis erhalten, produziert unter Fair-Trade-Bedingungen. Da auch der Umweltaspekt beim Fairen Handel eine wichtige Rolle spielt, stammen die meisten Lebensmittel und die meisten Textilien auch aus zertifiziert biologischem Anbau. Das hat für alle einen klaren Zusatznutzen: Einerseits erlaubt die Bio-Produktion (z.B. Biokaffee) den Produzentinnen in einem weitaus gesünderen Arbeitsumfeld zu arbeiten und von den großen Agrarkonzernen mit ihren Gentechnikprodukten, Dünge- und Spritzmitteln unabhängig zu werden. Andererseits profitieren wir Konsumenten von gesünderer Kleidung und essen gesündere Nahrungsmittel als bei konventioneller Produktion, und diese sind noch dazu unter fairen Bedingungen hergestellt.
Die Fair Trade Shops – Fachgeschäfte für Fairen Handel
In Österreich gibt es circa 100 spezialisierte Fachgeschäfte für fair gehandelte Produkte, in Europa sind es mehrere hundert. Diese Fachgeschäfte (Fair Trade Shops, Weltläden etc.) beziehen ihre Fair-Trade-Produkte entweder direkt von Fair-Handels-Produzenten oder von spezialisierten Fair-Trade-Import-Organisationen. Der Bezug über diese großen Importeure hat einen wesentlichen Vorteil, wie ich weiter unten beschreibe.
Innerhalb der Fair-Trade-Gemeinde gab es in den letzten Jahren eine Grundsatzdiskussion: Sollen gute Produkte aus europäischer Produktion auch in den Fair Trade Shops verkauft werden? Wir haben eine klare Meinung dazu: Ja. Auf einem Kontinent, der von Handwerkssterben, Landflucht und sehr hohen Arbeitslosenzahlen an den Rändern Mitteleuropas betroffen ist, gehören solche Produkte in das Konzept des Fairen Handels! Nicht jede in Europa produzierte Ware, sondern ausgewählte Produkte: aus besonderem Handwerk, mit einem speziellen sozialen Hintergrund oder einer ökologischen Idee. Selbstverständlich gelten auch für europäische Produkte die Grundprinzipien des Fairen Handels der WFTO, denen auch wir als Fair Trade Shop uns verpflichtet haben.
Die Fair-Trade-Import-Organisationen
Die Import-Organisationen importieren größere Mengen an Fair-Trade-Produkten von den ProduzentInnen- Kooperativen in den Produktionsländern. Das hat einen wesentlichen Vorteil: Je größer die Menge, desto relativ günstiger wird der Transport. Im besten Fall können gleich ganze Container gefüllt werden. Darin ist die Ware nicht nur gut geschützt, sondern auch am effizientesten und umweltschonendsten per Schiff zu transportieren.
Kontrolliert und zertifiziert werden die Fair Trade Importeure von Labelling-Organisationen wie etwa Fairtrade International (FLO) oder Fair-Trade-Dachorganisationen wie der World Fair Trade Organization (WFTO), der ARGE Weltläden etc. Die größte Fair Trade Import Organisationen in Österreich ist die EZA Fairer Handel GmbH.
Die Transporteure
Es gibt noch keine Fair-Trade-Transporteure. Die Produkte werden derzeit über die üblichen Transportwege und -mittel transportiert, hauptsächlich per Schiff. Leider werden die üblichen Containerschiffe mit Schweröl betrieben, einem schmutzigen, umweltbelastenden Treibstoff. Trotzdem fällt insgesamt die Ökobilanz der Schiffe nicht so schlecht aus, weil mit ihnen große Mengen an Containern gleichzeitig transportiert werden können.
Allerdings gibt es zunehmend Bemühungen, auch große Transportschiffe mit umweltschonenden Antriebsmethoden auszustatten, z.B. Segeln, die bis zu 30 Prozent Treibstoffersparnis bringen sollen.
Die ProduzentInnen- Kooperativen
Die meisten Fair-Trade-Produkte stammen aus Gruppen (Kooperativen) von ProduzentInnen, die gemeinsam stärker ihre sozialen Rechte und wirtschaftlichen Vorhaben vertreten können. Eine wirksame Interessensvertretung gegenüber Behörden, Großgrundbesitzern und großen Handelspartnern kann oft nur über starke Kooperativen funktionieren.
Kontrolliert und zertifiziert werden sie von Labelling- Organisationen wie der FLO, Dachorganisationen wie der WFTO oder den Fair-Trade-Importeuren, in Österreich also beispielsweise von der EZA.
Die Kooperativen bieten den ProduzentInnen Sicherheit und Unterstützung speziell in schwierigen Zeiten, Know-how, Fortbildungsmaßnahmen, Infrastruktur, Kontakte zu Abnehmern im Ausland und vieles mehr.
Die Idee des Fairen Handels ist ganz eng mit der Grundidee von Kooperativen verbunden: Die solidarische, gemeinschaftliche Zusammenarbeit zum Wohle Aller.
Die ProduzentInnen
Den Produzentinnen und Produzenten ermöglicht der Faire Handel ein menschenwürdiges Leben, das heißt soziale Mindeststandards mit entsprechenden Sozialleistungen (Mitspracherechte, medizinische Grundversorgung, Altersvorsorge) und eine gerechte Entlohnung für die Arbeit. Dabei ist zu beachten, dass sich die „gerechte Entlohnung“ immer auf das Lohn- und Lebensniveau vor Ort bezieht.
Die Kooperativen, Fair-Trade-Labelling-Organisationen, Importeure und Dachorganisationen überprüfen laufend die Standards der einzelnen Fair-Trade-Projekte. Weiters besuchen zahlreiche engagierte MitarbeiterInnen und HelferInnen der internationalen Fair-Trade-Gemeinde auf Ihren Reisen Fair-Handels-Projekte und können so Berichte aus erster Hand liefern.