Fotomonat 2025: Mystische Stille in einer Fabrik mit einst über 200 Mitarbeiter*innen.
Wir stellen im Fotomonat 2025, in einem unserer Chic Ethic Schaufenster, Bilder von Walter Hausleitner aus. Jene alte Textilfabrik, die der Fotograf auf diesen Fotos portraitiert, steht für viele, viele aufgelassene Produktionstätten und eine ganze Epoche der Deindustrialisierung in Europa. Sie sind Zeichen des Verdrängungswettbewerbs im wirtschaftlichen System des immer Schnelleren, Effizienteren, Billigeren.
Stille statt klappernder Webstühle – die Geschichte einer Weberei
Diese im Jahre 1851 errichtete Weberei in Österreich wurde ursprünglich mit Wasserkraft betrieben. Aufgrund ihres Erfolgs stellte man um die Jahrhundertwende die Produktion auf Dampfkraft um. Während des Zweiten Weltkrieges wurde die Fabrik zwangsgeräumt und kurzfristig auf die Produktion kriegswichtiger Elektrowaren umgestellt. Nach dem Krieg begann man mit dem Wiederaufbau der Textilproduktion, die am Höhepunkt der Produktionsleistung mit mehr als 200 Beschäftigten Leintücher für Spitäler, Babywindeln und Verbandmull herstellte.

Produktionsende im Jahr 2004.
Im Jahre 2004 wurde die Weberei aufgrund der ausgebliebenen Modernisierung und der völlig veralteten Maschinen geschlossen. Seitdem verharrt diese mystisch wirkende Produktionsstätte in einem Zustand, als wäre sie von einer Sekunde auf die andere verlassen worden.
Aus der Spinnerei quillt noch das Garn und die fertigen Stoffbahnen sind im Begriff, aus den automatischen Webstühlen zu gleiten – als ob die Arbeiter*innen nur kurz eine Pause machen würden. Eine Pause, die für
diese geisterhafte Fabrik in Wirklichkeit nicht enden wird.

Still gelegte Fabriken in ganz Europa.
Die Produktion in Europa war und ist in vielen Produktionszweigen einfach nicht mehr konkurrenzfähig.
Die Gründe dafür sind vielfältig und die Auswirkungen zweischneidig: Einerseits profitieren wir als Konsument*innen von günstigen Preisen dank Billigproduktion in anderen Ländern. Andererseits beginnt Europa den Verlust von Arbeitsplätzen zu spüren.

Verlust an Konkurrenzfähigkeit.
Als Gründe für den Verlust an Konkurrenzfähigkeit werden oft die hohen Sozial- und Lohn-Standards sowie die hohen Umweltstandards mit den dafür nötigen Abgaben und Investitionen angegeben.
Und tatsächlich: Der durchschnittliche Stundenlohn einer Schneiderin in Österreich liegt bei ca. 15€/h, der einer Schneiderin in Bangladesch zwischen 0,3 und 0,6 €/h. Eine Schneiderin in Österreich müsste also 25 bis 50 Mal schneller nähen als ihre Kollegin in Bangladesch, um konkurrenzfähig zu sein.

Vergleichbare Standards weltweit nötig
Es sind nicht nur die Lohn- und Sozialstandards, die weltweit betrachtet zu extremen Ungleichheiten führen und dadurch die Konkurrenzfähigkeit in der Produktion verzerren. Auch die Umweltstandards sind extrem unterschiedlich und bilden einen entscheidenden Kostenfaktor.
Es macht eben einen riesigen Unterschied, ob man Abwässer, Abgase und Abfälle aufwändig filtern, lagern, recyceln oder entsorgen muss, oder nicht. Der richtige Weg für eine positive Zukunft wäre, die Standards weltweit anzuheben – und nicht zu senken. Menschenschutz und Umweltschutz dürfen kein Luxus reicher Länder sein, sondern müssen weltweit Standard werden. Nur so können wir den zukünftigen Generationen ein lebenswertes Lebensumfeld hinterlassen!

Genau in diese Richtung zielen der Faire Handel, internationale Arbeits- und Umweltschutzorganisationen und auch die EU – zum Beispiel mit einem strengen Lieferkettengesetz. Gäbe es international ähnlich nachhaltige Standards, hätten vielleicht auch Textilfabriken wieder eine Chance in Österreich – und Textilarbeiter*innen einen Arbeitsplatz.