In Madagaskar entstehen die perfekten Öko-Autos und -Fahrräder: fair gehandelt und zu 100% aus Recycling-Materialien hergestellt. Einziger Wehrmutstropfen – es handelt sich nicht um „echte“ Fahrzeuge, sondern um Miniaturmodelle. Die sind dafür aber umso kultiger, und ihre Entstehungsgeschichte ist eine wunderbare Fair-Trade-Story.
Madagaskar gehört zu den zehn ärmsten Ländern der Welt. Einer reichen Minderheit steht in dem Inselstaat vor der Südostküste Afrikas eine überwiegend arme Bevölkerung gegenüber. Recycling funktioniert in Madagaskar anders als hierzulande: Meist Obdachlose und Straßenkinder sammeln in den reicheren Wohnvierteln verwertbare Industrieabfälle und bringen sie zu den zentralen Ankaufstellen in den Slumvierteln. Dort werden sie sortiert, gesäubert und weiterverkauft. Eine alte Cola-Dose zum Beispiel erzielt etwa zehn Cent – so viel, wie eine einfache Reismahlzeit kostet.
Die alten Dosen finden für alles Mögliche Verwendung. Lange Tradition hat bei den Madagassen die Fertigung von Spielzeug und Modellen – Autos, Fahrräder, Flugzeuge – aus dem Recycling-Blech. Weil es in Madagaskar aber kaum mehr Absatzmöglichkeiten gibt, ist die traditionelle Blechproduktion beinahe vom Markt verschwunden. Einem engagierten Fair-Trade-Partner aus Deutschland ist es zu verdanken, dass aus dem fast ausgestorbenen Handwerk wieder eine stabile Kleinproduktion geworden ist.
Blechbiegen: Familienhandwerk
Produziert wird in Familienbetrieben, viele Familien betreiben das Metallbiege-Handwerk schon seit Generationen. Die Herstellung findet zuhause, oft im Nebenerwerb statt. Meist sind alle Familienmitglieder in den Produktionsprozess eingebunden – mit Ausnahme von Kindern. Jugendliche ab 14 Jahren dürfen bei der Produktion mithelfen, müssen aber auch die Schule besuchen.
Die meisten (Familien-)Betriebe sind sehr niederschwellig organisiert. Es herrschen demokratische Strukturen und unter allen Kunsthandwerkern wird, mit Hilfe des Fair-Trade-Partners, die Aufteilung der Aufträge selbst vorgenommen. Auch die Arbeitsschritte vor und nach der Produktion (Vorproduktion, Verpackung, Transport) werden von den ProduzentInnen übernommen, wodurch eine größtmögliche Zahl an Arbeitsplätzen geschaffen wird.
Niederschwellige Entwicklung
Die Preise kalkulieren die ProduzentInnen selbst, sie liegen deutlich über dem Niveau des einheimischen Marktes. Bei umfangreichen und neuartigen Aufträgen bekommen die ProduzentInnen zinslose Kredite vom Fair-Trade-Partner, um so notwendige Investitionen tätigen zu können.
Aus der fast vergessenen Blechbieger-Tradition hat sich so eine beständige Kleinproduktion entwickelt. Für die mittlerweile über 20 ProduzentInnen-Familien ist das Handwerk zu einer stabilen Einkommensquelle geworden; durch die flache Organisation und Durchführung aller Arbeitsschritte im Land finden viele Menschen eine Arbeit in der Herstellung der Blechmodelle.
Soziales Engagement
Unser Fair-Trade-Partner engagiert sich übrigens auch über die Zusammenarbeit mit den KunsthandwerkerInnen hinaus in Madagaskar: Gemeinsam mit anderen Hilfsorganisationen werden Straßenkinderprojekte und einkommensschwache Familien unterstützt.
Die kultigen Blechmodelle werden hierzulande übrigens als Dekorations- bzw. Geschenkartikel für erwachsene Sammler verkauft. Da das Blech trotz sorgfältiger Verarbeitung schärfere Kanten haben kann, ist es nach EU-Richtlinie kein Spielzeug.
Foto-Credits: Uwe Marschall