Unser Lieblingskaktus macht’s deutlich: Was rund und kuschelig aussieht, kann manchmal ganz schön stachelig und unangenehm sein. Das Jahr 2020 war für viele von uns so ein überraschend stacheliges, herausforderndes Jahr.
Ein schwieriges Jahr mit GewinnerInnen und VerliererInnen.
Und wie Krisenzeiten es bekanntlich so an sich haben, gibt es nicht nur VerliererInnen sondern auch GewinnerInnen. Zu den GewinnerInnen zählen die großen Online-Konzerne, EDV-DienstleisterInnen, BörsenanlegerInnen, Zustelldienste, um nur ein paar zu nennen. Zu den VerliererInnen? Alle, die ihre Arbeit verloren haben, viele KleinunternehmerInnen ohne Online-Präsenz, all jene, vor allem alte Menschen, denen der soziale Kontakt fehlt… besonders für sie war es ein hartes, einsames Jahr. Und trotzdem: In Österreich, dem 10. reichsten Land der Welt, beklagen wir uns auf sehr hohem Niveau. Das soziale Netz, die medizinische Versorgung und die staatlichen Unterstützungen sind bei weitem nicht die Normalität auf unserer Welt, sondern der hervorstechende Ausnahmefall. Das sollte uns, bei allen Schwierigkeiten, die wir derzeit durchleben, bewusst sein.
Corona in Ländern des Südens
In den meisten Entwicklungs- und Schwellenländern gibt es kein oder nur ein minimales soziales Netz– und das meist auch nur für eine kleine, wohlhabende Bevölkerungsschicht. „Während hierzulande der Alltag trotz aller Einschränkungen und den spürbaren wirtschaftlichen Folgen der Krise noch funktioniert, verschärft sich die Lage in den hoch verschuldeten Schwellen- und Entwicklungsländern – in Afrika, Lateinamerika, auf dem indischen Subkontinent oder in der Karibik. Die Corona-Pandemie funktioniert wie ein Brandbeschleuniger für ohnehin schon bestehende Krisen. In der Folge droht die Zahl der weltweit Hungernden auch aufgrund des Klimawandels und der weltweiten Kriege auf eine Milliarde zu steigen.“ (Quelle: www.express.de; Eine interessante und unfassende Sammlung von Artikeln zur Auswirkung von Corona auf Länder des Globalen Südens findet man unter www.globaleverantwortung.at)
Netzwerke und Solidarität des Fairen Handels
Die Netzwerke des Fairen Handels können keine fehlenden staatlichen sozialen Netze ersetzen. Sie können aber über schwierige Zeiten helfen. Da die kleinen und mittleren Betriebe im Handwerkssektor selten über Rücklagen verfügen, sind derzeit folgende Massnahmen besonders wichtig; Massnahmen, die Bestandteil der partnerschaftlichen Zusammenarbeit im Fairen Handel sind, im konventionellen Handel aber keine Selbstverständlichkeit, sondern eher die Ausnahme:
+ Alle vor der Pandemie erteilten Aufträge bleiben unverändert bestehen.
+ Es werden zinslose Anzahlungen bis zu 50% des Bestellwerts geleistet.
+ Lieferverzögerungen werden ohne Abschläge akzeptiert.
+ Bei Bedarf werden Restzahlungen vor Abgang der Waren ausgeglichen.
+ Nachbestellungen werden frühzeitig aufgegeben, damit die Werkstätten langfristig planen können.
+ Corona-Hilfsfonds unterstützen gezielt mit Geldspenden besonders notleidende Kooperativen. (z.B. Corona-Soforthilfe-Fonds; Contigo-Coronafonds)
Unterstützung in Ägypten, Indien, Nepal, Sansibar…
„Aus Ägypten kommt alljährlich wunderschöner, fair produzierter Glas-Weihnachtsschmuck. Die Gründerin Nevine Sobhi von der Werkstätte ALMEERATH berichtet von Arbeitslosigkeit in Folge der Pandemie. Die Ehemänner ihrer Beschäftigten und Heimarbeiterinnen sind betroffen. Die Frauen bringen jetzt alleine das Geld ins Haus. Aus dem Contigo Coronafonds konnte für einige besonders betroffene Familien bereits Soforthilfe geleistet werden. Die Organisation MANJEEN in Neu-Delhi finanzierte mit Spendenhilfe Lebensmittelpakete und Medikamente für Mitglieder ihrer Handwerksgruppen, deren Einkünfte mit der Krise komplett wegbrachen. Die Lederwerkstatt SANTIR SILPA bei Kalkutta verteilte die Spendengelder als Zuschuss zum Lebensunterhalt von 16 Familien in besonderen Notlagen. DHAKHWA in Kathmandu finanzierte mit der Zuwendung die Familien von 20 MitarbeiterInnen. Der Familienbetrieb legte eine Summe in Höhe der Contigo Coronafonds Spende aus eigenen Mitteln dazu, um die einkommenslose Zeit der MitarbeiterInnen zu überbrücken. Einen sehr bewegenden Videogruß sendet Betina von CHAKO (Sansibar). Auf der Insel Sansibar vor der Küste Tansanias ist der Tourismus aufgrund der aktuellen Situation komplett zusammengebrochen und damit eine wichtige Einnahmequelle: der Inlandsmarkt. Durch wegfallende Jobs und die eingeschränkte Produktion verschlechterte sich die Einkommenslage der Familien dramatisch. Mit einem 50%igen Lohnzuschuss für die kommenden Monate konnte den MitarbeiterInnen aus den Mitteln des Contigo Coronafonds geholfen werden.“ (Quelle: contigo.de)
…und wie wird 2021?
Wir wissen es nicht. Aber wie wir in das neue Jahr gehen, hängt stark von unserer Einstellung ab: mit Optimismus, Tatendrang und gegenseitiger Unterstützung wird vieles leichter. Das ist auch genau die Einstellung, mit der wir im Fairen Handel weltweit für mehr Gerechtigkeit und Solidarität eintreten. Denn nur so können wir die großen Herausforderungen der Gegenwart angehen: solidarisch, aktiv und global. Davon sind wir überzeugt. Und die Beteiligten im Fairen Handel leisten ihren Beitrag dazu, von der Produzentin am Feld bis zur Kundin im Shop; danke dafür!
In diesem Sinne wünschen wir, das ganze Team von Chic Ethic, alles Gute für das neue Jahr!