Der Aufbruch in eine bessere Zukunft beginnt jetzt. Mit kleinen, großen und manchmal sehr großen Schritten. Was „Aufbruch“ für uns, Hélène und Andreas, bedeutet, erzählen wir in diesem Beitrag.
Im Herbst 2023 wurden wir von der Redaktion der „Zeitschrift der Grazer Innenstadt-Pfarren“ gebeten, einen Beitrag zum Thema „Aufbruch“, speziell aus der Sicht von Wirtschaftstreibenden, zu schreiben. Hier ist unser Beitrag:
„Meine Frau Hélène und ich, Andreas, sind nicht nur Unternehmer*innen in der Grazer Innenstadt, wir lieben es auch, aufzubrechen. Neue Gegenden, unbekannte Städte, andere Länder und Bräuche faszinieren uns. Aufbruch bedeutet für uns Abenteuer erleben, neue Erfahrungen machen und interessante Orte und Menschen kennen lernen. Im Gegensatz zu unseren freiwilligen Aufbrüchen, die wir frei wählen, planen, gut vorbereiten und auf die wir uns freuen, steht unsere Arbeit: Unsere Arbeit hat zum Ziel, dass Menschen nicht aufbrechen müssen.
Denn der unfreiwillige Aufbruch aus einer politischen oder wirtschaftlichen Zwangslage heraus ist schrecklich. Niemand verlässt gerne zwangsweise sein zu Hause, seine Familie, seine Freunde und sein gewohntes und geschätztes Umfeld. Armut, Hoffnungslosigkeit, Krieg und Verzweiflung sind der Auslöser dieser unfreiwilligen Aufbrüche. Was für ein Unterschied zu unseren gut geplanten Reisen!
Aber was hat das mit unserer Arbeit zu tun?
Hélène und ich sind seit vielen Jahren, inzwischen sogar seit Jahrzehnten, dem Fairen Handel verbunden. Dieser hat -vereinfacht gesagt- zum Ziel, dass Menschen nicht von zu Hause aufbrechen müssen. Wer von der eigenen Arbeit leben kann, sich und der Familie ausreichend Essen, ein Dach über dem Kopf, den Kindern eine Ausbildung und bei Bedarf eine medizinische Behandlung zahlen kann, hat wenig Grund wegzugehen. Das Gegenteil ist aber oft der Fall: Hungerlöhne und schlechteste Arbeitsbedingungen ohne soziale Absicherung erlauben den Arbeiter*innen nicht einmal die grundlegensten Bedürfnisse abzudecken. Das ist nicht nur in der Textilindustrie Alltag sondern auch in der Lebensmittelindustrie und in vielen anderen Bereichen.
Ausbeutung führt zu Armut. Armut zu Verzweiflung. Und Verzweiflung zum Wunsch, aufzubrechen, um das Glück woanders zu suchen.
Der Faire Handel mit der Forderung nach einer fairen Bezahlung, sicheren Arbeitsbedingungen und einer sozialen Mindestabsicherung ist das nachhaltige Gegenkonzept zu dieser Entwicklung. Eigentlich müssten sich alle Populisten dieser Welt, die gegen Migrant*innen und Einwander*innen wettern, für den Fairen Handel stark machen. Kein anderes Konzept verhindert so nachhaltig, dass Menschen von zu Hause weggehen, wie der Faire Handel. Wer von seiner Arbeit korrekt leben kann, bricht mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht auf.
Hélène und ich haben im Laufe der Jahre viele Länder gesehen und zahlreiche Produzent*innen besucht. Wir waren in Südamerika, Indien, Südostasien, dem Nahen Osten und in Nord- und Zentralafrika. Wir haben bei unseren Besuchen mit eigenen Augen gesehen, dass der Faire Handel wirkt: Hunderttausende Familien können dadurch weltweit ein besseres Leben führen. Für sie ist der Unterschied riesig, ermöglicht durch unseren Griff zu einem alternativen Produkt im Verkaufsregal.
Der Aufbruch in eine solidarischere, gerechtere Welt findet zuallererst in unseren Köpfen statt.
Wir müssen uns in unseren Köpfen dafür entscheiden, Ungerechtigkeiten entschieden entgegenzutreten. Wir müssen uns auch dafür entscheiden, die Natur, unsere Lebensgrundlage, zu schützen. Wird uns dieser Aufbruch in eine lebenswerte Zukunft gelingen? Vielleicht. Sicher nicht, wenn wir von vorne herein sagen, dass es schon zu spät ist, denn dann ist jede Hoffnung verloren. Deshalb sollten wir ab sofort das Richtige tun: die Menschen und unsere Erde schützen. Und wenn es nur ein so geringer Beitrag ist, wie beim nächsten Einkauf ein Bio-Produkt aus Fairem Handel zu kaufen.„
(Dieser Textbeitrag erschien in der Ausgabe 03/2023 in der „Zeitschrift der katholischen Innenstadt-Pfarren Graz“.)